Ausschließlich in den lieblichen Landschaften des Naturparks Haßberge herumstreifen - ist nicht: „Mehr als 50 Prozent Büroarbeit.“ Sie hat 52 Naturliebhaber, darunter viele Kinder und Jugendliche, um sich versammelt, um gleich mit ihnen das Frühlingserwachen am Haßbergtrauf zu erleben. Mitte April, T-Shirt-Wetter und der Frühling zwei Wochen früher dran als erwartet. In der Vorstellungsrunde erfahren die Teilnehmer, dass vor allem Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit den Schreibtisch erfordern. Nach draußen geht es für die Diplom-Umweltwissenschaftlerin zu Schutzgebietsarbeit und Artenmonitoring - oder eben zu Naturerlebnisführungen. In 47 Veranstaltungen – Führungen, Vorträge und Schulungen - hat sie allein im vergangenen Jahr 1.272 Menschen mit ihrer Bildungsarbeit erreicht.
Zauberpflanzen und andere Schätze
Heute kann sie das tun, wofür sie brennt: Menschen für die Natur begeistern und deren Schönheiten mit allen Sinnen erfahrbar machen. „Kinder, ich bin vor allem für euch da, ihr seid unser großes Pfund“, betont Katja Winter. Ihr ist es wichtig, möglichst viele junge Menschen in die Natur zu bringen, damit sie diese verstehen und schätzen lernen. Dazu hat sie 2022 das Junior-Ranger-Programm im Naturpark Haßberge ins Leben gerufen. Natur erleben ist ganz schön spannend. Kinder und Erwachsene dürfen kräftig mitraten und los geht’s mit einem Tierrätsel für unterwegs. Katja Winter heftet Karten mit Tierbildern an die Rücken der Kinder, die erraten müssen, für welches Tier sie stehen. „Ihr müsst Fragen stellen, die man nur mit Ja oder Nein beantworten kann, und bitte nicht mogeln.“
Dann geht‘s auf dem Wirtschaftsweg bergan Richtung Naturschutzgebiet Hohe Wann. Bald wird der Weg von Hecken gesäumt und wundervolle Weitblicke über Felder und bewaldete Hügelkämme eröffnen sich. Die ersten Frühblüher säumen den Weg und Katja Winter kniet sich neben diese. „Was ist denn das Gelbe hier?“, fragt sie hinzukommende Kinder. „Schlüsselblumen“, antworten die prompt und korrekt. Die Naturerkunder erfahren, dass die Blumen ihren volkstümlichen Namen ihrer Ähnlichkeit mit einem Schlüsselbund verdanken und dass man ihnen früher Zauberkräfte beim Auffinden verborgener Schätze zutraute. Katja Winter hat auch einen persönlichen Bezug zu den Pflanzen: „Als Kind habe ich hier oft mit meiner Oma Schlüsselblumen für Tee gesammelt.“ Sie erklärt den Kindern, dass die Frühblüher inzwischen geschützt sind und wie man sich im Naturschutzgebiet verantwortungsvoll verhält. „Hier dürfen wir keine Pflanzen pflücken und müssen auf den Pfaden bleiben, um die Tiere nicht zu stören.“
Dann sind die Erwachsenen dran. „Was sieht man hinter mir?“ – „Weizenfeld“, „den neuen Funkmast“. „Jetzt kommen wir aber zu dem Schönen am Horizont.“ Prappach, viele Hügel und Bäume werden genannt. Katja bekräftig: „Genau. Einzelbäume, Wälder, ganz kleine Weinbergsstückchen, Streuobstwiesen, artenreiche Hecken, bunt blühende Wiesen.“ Sie fächert die ganze Vielfalt des Naturparks auf. „Wir haben nicht den größten Berg oder See, bieten aber unglaublich viele verschiedene Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten.“ Wenige hundert Meter weiter kommt mit einer Brachfläche ein weiteres wichtiges Habitat hinzu. Aus der hohen Krautschicht ragen vorjährige Fruchtstände der Wilden Karde heraus. Die Rangerin bricht einen ab und zeigt ihn den Kindern. „Was seht ihr?“ – „nix“. „Genau. Das ist gut für Insekten. Die können hier im hohlen Stängel überwintern.“ Die Insektenwohnungen inspirieren sie, die Erwachsenen für mehr Ökologie im eigenen Garten zu gewinnen. „Wir versuchen die alten, kleinteiligen und extensiven Nutzungsformen der Landschaft im Naturschutz nachzuahmen. Mahd und Beweidung ja, aber zum richtigen Zeitpunkt.“ Am besten wäre es, die abgeblühten Pflanzen erst im nächsten Jahr abzuschneiden, kurz bevor sie wieder austreiben. Die Belohnung: „Man hat weniger Schädlinge, weil die Nützlinge überwintern konnten.“
Warmgesungen
Der nächste Stopp gilt einem Vogelgesang. „Welcher Vogel ist hier am Zwitschern?“, fragt Katja Winter die Kinder und hält als Lösungshilfe ein foliertes Bild des Sängers hoch. „Der Zilpzalp. Man hört ihn, seinen Namen singen. Ganz weit hinten hört ihr die Goldammer: ‚Dididudido – Ich, ich hab‘ dich so lieb´.“ Mit diesen Merksätzen kann man die Vogelstimmen ganz gut zuordnen.
Dann geht es auf schmalen Pfaden durch eine faszinierende Gipshügellandschaft mit bizarren Bodenwellen und einzigartiger Steppenvegetation. An dieser Stelle wird die Gruppe geteilt, um die Vegetation zu schonen. Katjas Mann, Manfred Husslein, übernimmt ehrenamtlich die eine Hälfte. Sie stellt inzwischen mit der Küchenschelle eine spannende Pflanze vor. „Sie ist superselten und hat hier ihr größtes Vorkommen im Naturpark.“ Die Rangerin kniet sich neben eine Gruppe dekorativer Samenstände, die wie kleine auf einem langen Stiel aufgepflanzte Federbüschel aussehen. Eigentlich sollten sie um die Zeit noch blühen. Macht nichts. „Das Allercoolste ist sowieso ihr Samenstand“, meint Katja Winter und präsentiert einen fotografischen Ersatz, der intensiv blauviolett gefärbte Blütenkelche zeigt. Der Name der Pflanze hat nichts mit der Küche zu tun, erklärt sie, sondern ihre Blüte erinnert an ein Glöckchen, das eine kleine Kuh trägt. Während eine Gruppe noch die behaarten Samenfäden untersucht und erfährt, dass sie sich an das Fell wolliger „Tiertaxis“ heften, legt die andere eine kleine Pause ein. Apfelstückchen werden ausgepackt und letzte Tierrätsel gelöst. Ein Vater fragt: „Bin ich ein Insekt?“ – „Ja“. „Hab‘ ich einen Pelz?“ – „Nein.“ „Also bin ich nackig?“ – „Nein.“ „Aber sehr bekannt und keiner mag dich“, hilft seine Frau weiter. Gar nicht so einfach, den Ohrwurm zu erraten.
Superstars Wildbienen
„Jetzt geht’s zum Höhepunkt, zu den Wildbienen“, motiviert die Rangerin zum letzten Wegstück. Am Rand einer blühenden Hecke sieht man offene Bodenstellen. Hier haben die Wildbienen ihre Wohnungen angelegt. Kleine Löcher im Boden markieren den Eingang und Katja Winter gelingt es, eines der Insekten in eine transparente Dose zu bugsieren und zu zeigen. „Was ist das Gelbe hier am Bauch?“- „Pollen“, wissen die Kinder. Wie das mit dem Blütenstaubsammeln und Bestäuben geht, erklärt die Naturführerin – und wozu es gut ist, weiß ein Mädchen: „damit es später Äpfel und Birnen gibt“. Prima Überleitung für die letzte Station, die Streuobstwiese. Katja Winter legt ein Mosaik aus Naturfotos ins Gras, da sieht man etwa einen Igel, Vögel, Schmetterlinge und einen Ameisenhaufen. Sie formt mit den Händen einen Schalltrichter und ruft: “Achtung, Achtung, das Streuobstdiversitätsspiel beginnt.“ Die Erwachsenen lernen, dass Biodiversität viel mehr ist als Artenvielfalt. „Es geht noch um die Vielfalt der Lebensräume, der Gene und das Wechselspiel untereinander.“ Da ist etwa dieses Tier zu erraten: „Ich fliege nachts umher auf der Suche nach Insekten und hänge tagsüber gerne in Höhlen ab.“ Die Kinder rufen sofort: „Fledermaus.“ Als alle Bewohner der Streuobstwiese erraten sind, sammelt Katja Winter die Vielfalt des Naturparks in Folien wieder ein und bedankt sich fürs engagierte Mitmachen: „Tipptopp!“ Das finden die Teilnehmer auch.
Weitere Informationen finden Sie online unter www.naturpark-hassberge.de.
Autorin ist Frau Haubner, die Bilder sind ebenfalls von Frau Haubner.
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